Grußwort zur Einweihung des Abfallerlebnispfades am 21.09.2008 von Herrn Ministerialdirigent Dr. Albrecht Rittmann, Umweltministerium Baden-Württemberg
Sehr geehrte Damen und Herren,
im Herbst letzten Jahres stellt mir Frau Dr. Riedinger aus Tübingen das Projekt eines Erlebnispfades auf dem Gelände des Abfallentsorgungszentrums Dußlingen vor und fragte an, ob es dafür nicht Fördermittel beim Umweltministerium Baden-Württemberg gäbe. Ein spezielles Förderprogramm für abfalldidaktische Maßnahmen gibt es nicht vom Umweltministerium und die Gelder aus den kommunalen Investitionsfonds sind für technische Maßnahmen an Abfallbehandlungsanlagen beschränkt.
Aber schließlich fand sich dann doch eine Geldquelle und wir konnten dem Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises Tübingen eine Förderzusage geben. Bescheidene
12 000 € sind es, aber das Geld reichte immerhin aus, annähernd die Hälfte der Investitionskosten zu bezuschussen. Als ich dann im Internet die ersten Bilder vom Abfallerlebnispfad sah – sehr liebevoll mit Blumen und Büschen dekoriert – war ich mir sicher, dass das Umweltministerium das Geld richtig ausgegeben hat.
Ich erinnere mich bei dieser Gelegenheit auch daran, dass ich als Mitglied des Bundes für Umweltschutz Tübingen und als Student im ersten Semester für die Stadt Tübingen eine Abfallbroschüre entwarf, die deswegen außergewöhnlich war, weil sie zum ersten Mal systematisch die Möglichkeiten der Wiederverwendung gebrauchter Güter und Abfälle aufzeigte.
Das war zu Beginn der Siebziger Jahre. Die Abfallwirtschaft begann langsam sich zu etablieren. Von ungeordneten und wilden Müllkippen ging die Entwicklung zu einer geordneten Deponierung, welche die Schadstoffausbreitung in den Luft- und Wasserpfad möglichst eliminierte. Wenn ich mich recht erinnere, wurde zu dieser Zeit auch der Zweckverband Abfallverwertung Reutlingen/Tübingen gegründet. Aber trotz der Einrichtung von geordneten Deponien wurden die Probleme nicht viel kleiner, weil aufgrund des wachsenden Konsums und des Trends, Lebensmittel und andere Konsumgüter in Plastikverpackungen zu verkaufen, die Abfallberge immer größer wurden. Auch die Mentalität der Bevölkerung änderte sich. Alles als überdrüssig empfundene wurde einfach weggeworfen. Die Wegwerfgesellschaft entstand. Der Abfall wurde deshalb neben der Wasser- und Luftverschmutzung zum Umweltproblem Nr. 1.
Das löste nach und nach erste pädagogische Bemühungen aus, den Abfall zu reduzieren oder einer sinnvollen Wiederverwertung zuzuführen. Die Entwicklung ging so weit, dass für viele die Mülltrennung, womöglich noch das Auswaschen des Joghurtbechers mit heißem Wasser, zum vorrangigen Engagement für die Umwelt wurde. Mag auch manche Verhaltensweise falsch und ökologisch kontraproduktiv gewesen sein, jedenfalls das Bewusstsein, das Abfall eine wichtige Ressource ist, die nicht verschwendet werden darf, wuchs langsam.
Und darum geht es heute: Abfälle sind nicht mehr zu beseitigen, sondern in einer Kreislaufwirtschaft sinnvoll wieder zu verwerten. Viele Abfallseparierungen sind bereits ökonomisch attraktiv. Die technischen Einrichtungen zur Trennung von Abfallfraktionen werden perfekter. Das alleine reicht aber nicht. Es bedarf auch eines abfallwirtschaftlichen Bewusstseins. Das schafft man am besten schon im Kinder- und Jugendalter. Deshalb ist es sehr erfreulich, dass der Abfallerlebnispfad, den wir heute einweihen, speziell auch für Kinder und Jugendliche konzipiert ist und somit das Bewusstsein für eine ökologische Abfallwirtschaft fördert.
Vor allem Kinder und Jugendliche lassen sich durch Veranschaulichung und Praxisnähe, emotionale Erfahrung und Aktionsangebote besonders wirkungsvoll für Umweltprobleme sensibilisieren und zu umweltgerechten Handeln motivieren.
Der Abfallerlebnispfad kann viel wirkungsvoller als herkömmlicher Schulunterricht oder klassische Öffentlichkeitsarbeit die Prioritäten der Abfall- und Kreislaufwirtschaft vermitteln. Dabei wird deutlich, dass Abfälle keine wertlosen Reste, sondern wertvolle Rohstoffe sind, die es weiter zu nutzen bzw. im Wirtschaftskreislauf zu halten gilt. Bei dem Abfallerlebnispfad gefällt mir nicht allein die Grundidee, sondern auch das methodische und didaktische Konzept. Er knüpft sichtlich an das Konzept außerschulischer Lern- und Erlebnisorte an, deren Ursprünge auf die heute immer noch aktuellen Ideen des Schweizer Pädagogen Johann Heinrich Pestalozzi zurückgehen.
Mit dem Abfallerlebnispfad wird Wissensvermittlung in ein dem Lernen förderliches Umfeld verlegt. Ein Umfeld, in dem die Sinne angesprochen werden und praktikable Erfahrungen den Lernprozess vertiefen und unterstützen. Es wird sozusagen handlungsorientiert, unter Ansprache aller Sinne, wichtiges Wissen vermittelt. Ich freue mich, dass der Abfallerlebnispfad heute nun seiner Bestimmung übergeben werden kann. Danke, auch im Auftrag von Frau Ministerin Gönner, den Verantwortlichen für ihr Engagement und die guten Ideen, die realisiert worden sind. Ich wünsche der Einrichtung einen regen Besuch. Vielen Dank.